Ein Sanka für schwere Aufgaben
Das Fahrzeug unterstützt Einsatzkräfte beim Transport von Menschen mit 150 bis 300 Kilogramm

Regen/Deggendorf. Muskelschmalz müssen Sanitäter sowieso haben, wenn sie Patienten samt Liege in ihren Einsatzwagen wuchten. Mit Hau-Ruck wird die Liege leicht bergauf auf die Führungsschiene im Inneren des Wagens geschoben, das Gestell mit den Rollen klappt dabei darunter zusammen. Wenn der Patient jedoch 150 Kilogramm oder mehr wiegt, sind auch die starken Frauen und Männer an der Grenze ihrer Kräfte.
Weil das immer häufiger vorkommt, gibt es inzwischen Sankas, die diese schwere Aufgabe erleichtern. Zwei davon sind beim BRK-Kreisverband Deggendorf stationiert. Der erste, der 2010 in Dienst gestellt wurde und jetzt noch als Reserve bereitsteht, wird heuer durch ein Fahrzeug der neuesten Generation ersetzt. Der zweite ist seit 2014 im Einsatz. Von Deggendorf werden die Spezial-Sankas vor allem im Bereich der ILS Straubing für Einsätze angefordert, also in den Landkreisen Deggendorf, Regen, Straubing-Bogen und der Stadt Straubing.
Zuständig für die Beschaffung von Rettungswagen für ganz Bayern ist die BRK-Landesgeschäftsstelle. Dort erklärt Produktentwickler Rainer Rauschenberger aus der Abteilung Rettungsdienst: "Aktuell sind im öffentlichen Rettungsdienst in Bayern 32 Rettungswagen im Einsatz, die technisch für ein erhöhtes Patientengewicht von bis zu 300 Kilogramm ausgelegt sind." Seit 2010 werden diese vom BRK beschafft, pro Fahrzeug werden damit rund 20 Prozent Mehrkosten gegenüber einem Standard-Rettungswagen investiert. Damit reagiere man auf den steigenden Anteil schwergewichtiger Menschen in der Bevölkerung.
Tatsächlich verzeichnet man eine steigende Anzahl von Einsätzen, bei denen die Patienten schwerer als 150 kg sind, so Rauschenberger: "Lag der Anteil dieser Einsätze 2015 noch bei 0,17 Prozent unseres landesweiten Transportaufkommens, so liegt er für 2017 bereits bei 0,25 Prozent." Das macht aktuell landesweit rund 3300 Einsätze pro Jahr.
Eine Zahl, die Deggendorfs Rettungsdienstleiter Markus Mühlbauer bestätigen kann: Sein Schwerlast-Rettungswagen – so der offizielle Name – ist etwa 100 Mal im Jahr im Einsatz. Meist wird er zu planbaren Transporten, etwa zur regelmäßigen Dialyse oder zu Untersuchungen, angefordert. Seltener, etwa zehnmal im Jahr, wird er laut Mühlbauer nachalarmiert, wenn die Einsatzkräfte bei Unfällen feststellen, dass er für einen gewichtigen Verletzten gebraucht wird.
Eine wertvolle Einrichtung sei der Schwerlast-Rettungswagen der Deggendorfer Kollegen, das bestätigt auch Günther Aulinger, Geschäftsführer des BRK-Kreisverbandes Regen. "Allein diese Woche war er wohl zwei oder drei Mal bei uns im Landkreis im Einsatz", sagte er am gestrigen Freitag. Aulinger sieht die "disponiblen Fälle" nicht in der Mehrzahl – ebenso häufig werden seine Rettungsdienst-Leute bei Notfällen mit schwergewichtigen Patienten konfrontiert, sei es bei Unfällen, bei Schlaganfall oder Herzinfarkt zu Hause.
Probleme mit dem Liegendtransport besonders schwerer Menschen hatte man schon früher, da sind sich Markus Mühlbauer und Günther Aulinger einig. "Da hat man dann halt Lösungen gesucht", sagt Mühlbauer. Menschenwürdig sei das leider manchmal nicht mehr gewesen. Heute erleichtert die elektrische Power-Liege, die das Ins-Fahrzeug-Wuchten übernimmt, einen großen Teil der Aufgabe. Und auch sonst ist die Liege auf schwere Menschen ausgelegt: Sie trägt bis zu 318 Kilogramm, die herkömmliche ist bei 227 Kilo am Limit.
Die Seitenflügel, die den Patienten halten und üblicherweise starr sind, können stufenweise schräg nach außen gestellt werden und schaffen so mehr Platz zum Liegen. Der Sanka, der hinten mit Luftfedern ausgestattet ist, unterscheidet sich in seinem Inneren kaum vom normalen Rettungswagen. Allerdings verfügt er zusätzlich über Schränke, in denen Sonder-Zubehör gelagert ist: Lagerungs-Keile etwa, eine deutlich größere Umlagerungs-Hilfe und eine größere Vakuum-Matratze.
Die Einsatzkräfte müssen dafür nicht nur beim Führerschein aufstocken, erklärt Markus Mühlbauer: "Mit dem Helferführerschein darf man bis zu 4,75 Tonnen bewegen. Der Schwerlast-Rettungswagen hat ein höheres Gewicht." Auch in die Bedienung der elektrohydraulischen Liege werden die Mitarbeiter extra eingewiesen.
Der gleiche Knochenjob wie sonst auch ist übrigens der Weg des schweren Patienten bis auf die Straße. Denn erst am Fahrzeug wird den Sanitätern die Arbeit erleichtert. Darum hat Markus Mühlbauer eine Anweisung herausgegeben: Rückt der Schwerlast-Sanka aus, muss immer mindestens ein weiterer Rettungswagen mitfahren. So ist gewährleistet, dass mindestens vier Einsatzkräfte beim Tragen helfen können.